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Mignon Modell 3 und 4

Technisches zur Mignon

Mignon 3, Baujahr 1914


Sie wird als die "Mutter der Zeiger-Schreibmaschinen", bzw. aller Indexmaschinen bezeichnet. Sie geht zurück auf den Ingenieur Friedrich v. Hefner-Alteneck.


Die Bezeichnung "Mignon" (frz. "niedlich") hat mehrere Bedeutungen, es handelt sich dabei um einen weiblichen Vornamen, sowie einen in der Typographie bezeichneten Schriftgrad von "7 Punkt". 

Die Buchstaben und Zeichen befinden sich auf einem rechtwinkligem Tableau aus Zelluloid, auf dem die Schriftzeichen nach der Buchstabenhäufigkeit in sieben Reihen angeordnet waren. Die Typen befanden sich auf einem Typenzylinder (Vorgänger des "Kugelkopfes") in sieben Reihen analog zum Zeichenfeld, was eine Umschaltung entbehrlich machte. Die hier vorgestellte "Mignon 3" hat einen Zeiger, eine einzige Schreibtaste und eine Leertaste. Das Modell 4 unterschiedet sich nur darin das hier eine 3. Taste, eine Rücktaste vorhanden war.
Mignon Modell 4 mit Rückstelltaste (Baujahr 1924)

Linkshändig wird der gewünschte Buchstabe des mit dem Zeiger angewählt. Jetzt drückte man mit der rechten Hand die Schreibtaste, wodurch der Typenzylinder mit dem gewählten Zeichen von oben auf die Walze aufschlägt (Oberaufschlag). Das Schreiben mit der "Mignon" ist sehr einfach, aber auch sehr mühsam. Man sagt, geübte Schreiber konnten mehr als 100 Anschläge pro Minute erreichen. 



Der Typenzylinder ist nach lösen der Kopfschraube auswechselbar.

Der Typenzylinder und ein entsprechendes Zeichenfeld sind leicht auswechselbar. Es konnten damals 49 verschiedenen Schriftarten geliefert werden, wodurch die "Mignon" ausgesprochen vielseitig einsetzbar war. 


Modelle

Das Modell 3 wurde auch als  "Vasanta" bezeichnet. 


Das Modell "Mignon 2" war die erste in größerer Anzahl hergestellte "Mignon". Sie wurde ab 1905 von der AEG -Deutsche Schreibmaschinen GmbH bis 1913 in Berlin hergestellt.1914 erschien das Modell 3, das ab 1924 von der "Mignon 4" abgelöst wurde, deren Produktion in Erfurt erfolgte. Vom Modell 1 wurden nur wenige Exemplare im Jahr 1904 gebaut. Eines davon befindet sich heute im Stadtmuseum Erfurt. 

Mignon's restaurieren, reparieren, renovieren

Die Mignon ist die wohl am einfachsten zu reparierende Schreibmaschine die es gibt. Ich habe schon einige davon wieder in Leben zurück geholt.


Kaum zu Glauben, aber diese hier sieht wieder richtig gut aus - Und schreibt natürlich.

Teilweise bot sich mir ein erschreckender Anblick. Verrostet, mit Patina belegt, völlig eingestaubt und zum Teil nicht mehr beweglich. Im Grunde war so manche von ihnen eine Ruine die so manches mal an die 50 bis 60 Jahre still in einem Keller stand. 


Eine Mignon 4 während der Reinigung und Renovierung.
Solche vernachlässigten Schreibmaschinen wecken meinen Ehrgeiz und den Wunsch danach irgendwann wieder darauf schreiben zu können. 


Eine Mignon in so einem Zustand ist Heute kaum mehr kostenlos zu bekommen, zu begehrt ist diese kleine,  kuriose Schreibmaschine bei Menschen geworden die sie sich einfach nur als Deko hinstellen möchten. Und dies auch im sogenannten "Used" Look, also nicht restauriert und schäbig, was dann auch als "shabby" bezeichnet wird.
Nun, mein Ansinnen ist es sie wieder zu erwecken, sie zu polieren um dann auf ihr schreiben zu können.

Wie gesagt, eine Mignon hat zwar ihr kleinen Tücken, besonders bei den hebeln des Wagens, ist aber ansonsten sehr einfach zu demontieren und zu reinigen.


Erst knipsen, dann schrauben.
Fotos ersetzen Meinungen!


Lieber zu viele als zu wenige. Im Digitalzeitalter kann man sich das leisten. Ich mache auch heute noch ganze Fotoserien und Detailaufnahmen bei jeder Mignon und auch allen anderen Maschinen, obwohl ich schon so viele auf meinem Werktisch zu Gast hatte. "Fotos ersetzen Meinungen", sage ich immer, und so manches Foto hat mich vor Fehlern bewahrt. Gerade dann wenn es darum geht wie und wie herum eine ausgebaute Feder wieder richtig eingesetzt wird. 


Das glänzt bald wieder
Jetzt beginnt die Feinarbeit. Ich bin da vielleicht etwas pingelig, aber ich poliere sogar die Köpfe herausgedrehter Schrauben. Ich mag es wenn die Maschine wieder schön fett schwarz glänzt und die blinkenden Schrauben und Chromteile funkeln.

Was ich bisher noch nie gemacht habe, und wohl auch nicht machen werde, ist es ein Schreibmaschine auf Nagelneu zu trimmen. Ich mag es wenn sie zweigt was sie bisher erlebt hatte.



Fertig • Sie schreibt wieder!
Um eine Mignon aus einen erbarmungswürdigem Zustand zu erlösen brauche ich eta 10 bis 20 Stunden. Natürlich nicht in einem Stück, sondern nach und nach. Im allgemeinen ist sie nach etwa 14 Tagen wieder Einsatzbereit. So wie die oben gezeigte Mignon 3 aus dem Jahr 1914. 






Kosten und Preise (Stand 3/2020)

Mit der Renovierung der Mignon's finanziere ich mir meine wirklich schönen Exemplare die ich auch behalte.

Meine teuerste Mignon 4 mit Holzkoffer hat 2018 45 Euro gekostet, ebenso eine Modell 3 mit Metallkoffer. Eine Ruine zur Ersatzteilgewinnung, ein Modell 3 mit Metallkoffer habe ich 2019 für 25 Euro gekauft, während eine Mignon 3 ohne Koffer, nur mit dem Bodenbrett und im traurigem Zustand 35 Euro gekostet hat. Glück muss man auch manchmal haben. Im Fenruar 2020 habe ich ein Modell 3 mit Metallkoffer geschenkt bekommen. 

Mignon und schreiben lernen

Was ich nicht für möglich gehalten habe ist der Umstand das Kinder, besonders Schulkinder, der ersten bis vierten Klasse die Mignon lieben. Erstaunlich wo doch ein Smartphone oder eine Console sicher viel interessanter ist. Dachte ich! 

Eine Mignon eignet sich ganz hervorragend zum schreiben lernen, bzw. dem erlernen der Buchstaben. Spielerisch lernen Kinder mit der Mignon schreiben. Und nicht nur das, sie schreibt ja tatsächlich direkt auf das Papier, was für Kinder wie ein Wunder zu sein scheint. 
Eigentlich sollte die Mignon wieder gebaut werden und jeder Grundschule als Lehrmittel zur Verfügung gestellt werden. 




© 2020 Fotos & Texte von Heiko Stolten

Schreibstube Krempe

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